Von einem gescheiterten Auftrag und einem gelungenen Ergebnis

Mitte letzten Monats bekam ich ein Anruf aus Wolfsburg, verbunden mit der Frage, ob ich ein Jubelbild der ortsansässigen Grizzly Adams aus einem Spiel heraus machen könnte. Ich dachte zuerst an eine Verwechslung: wer ruft denn bitte einen Fotografen aus Hamburg an, um ein Eishockeyteam in Wolfsburg abzulichten? (Scherzhafter Einschub: später ist mir alles klar geworden – die Fotografen vor Ort arbeiten alle mit Canon…)

Ja, klar kann ich Eishockeybilder machen, aber ob’s ein Jubelbild wird, konnte ich natürlich nicht versprechen. Schließlich kann ich nicht dafür garantieren, an der richtigen Stelle zu stehen, wenn gejubelt wird. Und beim Eishockey sind gute Jubelbilder echt schwierig, denn die Helme verdecken doch sehr viel Gesicht. Da die jubelnden Spieler später auf ein Plakat gedruckt werden sollten, bestand der zweite Teil des Auftrags ein hochformatiges Bild zu machen. Wer schon mal Eishockey fotografiert hat, wird mir hoffentlich recht geben, dass dies die Aufgabe nicht gerade erleichtert. Glücklicherweise war die sehr nette Ausführende des Auftraggebers aber gelernter Fotografin und hatte daher vollstes Verständnis für meine Bedenken und ist das Risiko eingegangen.

Ich besuchte also erstmals die Stadt Wolfsburg – und wenn ich gewusst hätte, dass da gerade eine Cartier-Bresson Ausstellung ist, wäre ich auch früher hingefahren. So kam ich in eine für Hamburger Verhältnisse kleine Halle, die mit fast zweieinhalbtausend Besuchern auch nicht ganz gefüllt war, aber im Laufe des Spiels eine ohrenbetäubende Atmosphäre entwickelte. Außerdem fand ich deutlich bessere Bedingungen für Fotografen vor, als ich das in Hamburg gewohnt bin. In der O2 World gibt es 3 freie Scheiben für Fotografen hinter denen sich 2 bis 5 Leute drängeln, um eine Spielszene einzufangen. In Wolfsburg kann sich jeder Fotograf auf rund Dreiviertel des Eisumlaufs frei bewegen. Wirklich sehr angenehm. Nur die Möglichkeit zwischen die Trainerbänke zu kommen, die es in Hamburg wenigstens eingeschränkt gibt, findest Du im Wolfsburger Eisstadion nicht. Egal, ich würde trotzdem wieder hinfahren.

Zurück zum eigentlichen Auftrag, denn es kam, wie es kommen musste: der EHC verlor das Spiel – und übrigens auch die ganze Play-Off-Serie ziemlich sang- und klanglos.

Gut, dass ich die Vorgaben vom Auftraggeber sehr frei interpretiert habe, denn sonst würde heute vermutlich kein Plakat mit einem meiner Bilder in der Stadt Wolfsburg hängen. Das Ergebnis finde ich nämlich – obwohl kein Jubelbild – trotzdem gelungen.

  1. Sehr gelungen, wie ich finde, Stefan!
    Ich arbeite neben der Fotografie auch im Bereich Grafik, und man bekommt von anderen Fotografen oft Material geliefert, das einfach zu wenig Raum bietet zum Texte/Grafik setzen. Du hast hier aber ein optimales Bild für das Plakat geschossen… 🙂 Danke dafür, im Namen aller Grafiker – und ein Aufruf an alle mitlesenden Fotografen: Lasst öfter mal etwas mehr Raum “stehen”..!

    1. Danke Dir!
      Ich wusste ja vorher, wo die Textfenster sind. Musste beim Fotografieren nur daran denken und mir das im Frame immer vorstellen. Früher wussten Fotografen ja auch, wo eine Mittelfalz ist 😉

  2. Vielen Dank auch für den Hinweis mit der Cartier-Bresson Ausstellung. Da ich diese Woche nach Berlin fahre, werde ich ganz sicher einen Zwischenstopp in Wolfsburg einlegen. Übrigens, dein Blog ist super! Bitte weiter so! Gruß, Ralf

  3. Mittel…was? 😛

    Das Problem ist doch, dass selbst Nachrichtenagenturen-Desks einem immer öfter zwischen die Ohren hauen, wenn das Bild nicht actionreich geschnitten ist.

    Mein Einwand, dass der Kunde das Bild immer noch nach seinen Bedürfnissen beschneiden könne – aber was andersherum weg ist nun mal weg sei – wurde immer damit gekontert, dass Zeitungen eher Bilder drucken, die nicht mehr eingepasst werden müssten…

    Insofern werden immer mehr Fotografen zu sowas erzogen… 🙁

  4. Wircklich gut gelungen.
    Wolfsburg ist auch ein sehr angenemer Auftraggeber.
    Hatte am Spenglercup einen grossen Auftrag für Sie zum Fotografieren.

  5. Pingback: Farewell 2012 |

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